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Interview: "Wir müssen aufpassen, damit uns das Freiwilligensystem nicht überhitzt"

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Seit gut 100 Tagen ist nun Robert Mayer neuer Landes-Feuerwehrkommandant von Oberösterreich. Freiwilligenmanagement und das Schaffen eines positiven Umfeldes für die ehrenamtlich Arbeitenden des Landes haben für den Landesbranddirektor Vorrang. Mit Thomas Fellhofer von den OÖNachrichten sprach er der Chef von 92.000 Feuerwehrfrauen und -männern im Land ob der Enns über das System Feuerwehr, die Freiwilligkeit und eine drohende Überhitzung des Systems Ehrenamt.

Welches Thema hat Sie nach der Wahl gleich am meisten beschäftigt?

Robert Mayer: Wir haben natürlich viele Themen schon in der Vergangenheit gemeinsam bearbeitet. Am wichtigsten scheint mir aber die Sicherung des Systems Ehrenamt zu sein. Wir sind extrem gut aufgestellt in Oberösterreich. Das ist aber kein Selbstläufer. Wir müssen ständig daran arbeiten, dass das Umfeld für Freiwilligenarbeit ein gutes bleibt. Dazu müssen wir Schritte mit Bedacht setzen. Der Feuerwehrapparat ist dynamisch und trotzdem zu steuern wie ein Ozeandampfer. Manchmal ist es auch gut, Geschwindigkeit herauszunehmen und dafür das Steuer richtig zu setzen.

In welchen Bereichen muss man Geschwindigkeit herausnehmen und wo aufs Gas drücken?

Letztes Jahr zum Beispiel hatten wir einen gewaltigen Zustrom an Freiwilligen. Das zu bejubeln ist eine Sache. Wir müssen aber auch aufpassen, dass wir zum Beispiel eine gute Schnittstelle zwischen Jugend und Aktivstand schaffen. Das Programm für die Acht- bis Zehnjährigen steht und wird ausgerollt. Damit wollen wir aber niemanden überfordern. Die Freiwilligkeit steht an oberster Stelle. Genauso müssen wir aber auch auf die Generation 65 plus schauen. Diese Kameraden waren bisher Reservisten. Auch da haben wir darauf geschaut, diese länger im System zu behalten – etwa bei Bewerben und Leistungsprüfungen. Großes Potenzial liegt immer noch bei den Frauen. Wir haben zwar auf allen Ebenen Frauen gut verankert, es gibt aber noch viel Luft nach oben.

Das sind alles Rahmenbedingungen, die intern steuerbar sind. Wie sieht es mit dem Umfeld aus, das die Entscheidungsträger in Land und Bund gestalten können?

Natürlich ist die Sicherung des Freiwilligensystems auch ein politischer Auftrag. Wir geraten momentan in der Finanzierung in eine extreme Schieflage. In den vergangenen zehn Jahren wurde ja nicht mal eine Indexanpassung durchgeführt. Ich erhebe dort meinen mahnenden Finger, wo fehlende Budgetmittel durch mehr Eigenleistung der einzelnen Feuerwehren kompensiert werden. Wir sind es gewohnt, Lösungen zu schaffen. Wenn etwas nicht geht, schauen wir, dass es trotzdem möglich wird. So sind wir Feuerwehrleute einfach gestrickt. Trotzdem müssen wir aufpassen, dass es dabei nicht zu einem Systembruch kommt und wir nicht überhitzen. Das geht schleichend. In diesem Bereich müssen wir gegensteuern.

An welchen Schrauben kann man im Bereich der Finanzierung drehen?

Ich denke da zum Beispiel an die Feuerschutzsteuer, die eigentlich seit Jahren stagniert. Diese müsste dringend angepasst werden. Wir müssen das noch schärfer angehen und auf Lösungen pochen. Denn diese brauchen wir. Momentan ist es eher schon ein Drüberwurschteln. Es gehört auch eine Evaluierung der Gemeindefinanzierung dazu. Denn wir als Feuerwehrverband sind als großer Fördergeber gar nicht in die Neuregelung eingebunden gewesen.

Viele Feuerwehren veranstalten Feste, um die geforderten Eigenmittel aufzustellen. Wie stehen Sie zu dieser Art der Finanzierung?

Es ist schon gut, dass wir für unsere Projekte arbeiten und unseren Beitrag leisten. Wenn aber ein junger Kamerad seinen Urlaub, den er bereit ist für die Feuerwehr zu opfern, für das Fest verbraucht hat und dann nicht mehr in die Feuerwehrschule fahren kann, um dort einen Lehrgang zu absolvieren, haben wir das Thema verfehlt. Das darf uns nicht passieren. Unser größter Feind ist die Selbstverständlichkeit.

Wie wirkt man der Selbstverständlichkeit entgegen?

Wir sind dabei, uns im öffentlichen Auftreten besser aufzustellen. Wir sind zwar mit unseren Einsätzen täglich in der Öffentlichkeit präsent. Dieser Bereich macht aber nur zehn Prozent unserer Arbeit aus. Wir müssen mehr über die restlichen 90 Prozent reden, die uns in unserer täglichen Arbeit beschäftigen. Geschichten gibt es genug zu erzählen.


Quelle: OÖNachrichten/Thomas Fellhofer
Foto: fotokerschi.at/Kerschbaummayr